Selbstgebaut: Ein Klinostat aus „Fischertechnik“
Denn mitunter ist das, was Forscher dort ihren Einsatzgeräten abverlangen, so speziell, dass kaum ein existierendes Gerät diese wissenschaftlichen Wünsche zur vollsten Zufriedenheit erfüllen kann. Es sei denn, man weiß sich eben selbst zu helfen. Und kann vielleicht, so wie Biochemiker Prof. Dr. Ingo Heilmann, auf den Jahrzehnte alten Technik-Baukasten seiner Jugend zurückgreifen. Der Mercedes unter den Forschungsgeräten entsteht so zwar nicht. Einmalig und auf seine Art unentbehrlich ist das selbst Kreierte aber allemal.
Der Klinostat der Abteilung Zelluläre Biochemie hat nur eine einzige wichtige Aufgabe. Doch die erfüllt es zuverlässig: Tagein, tagaus rotiert das eigens zu diesem Zweck gebastelte Gerät, bestückt mit Pflänzchen in Petrischalen, langsam und beständig um die eigene Achse. Wozu das gut sein soll? „Wir wollen herausfinden, wie das gerichtete Wachstum von Pflanzen gesteuert wird und welchen Einfluss bestimmte Botenstoffe darauf haben“, erklärt Ingo Heilmann.
Deshalb lassen die Molekularbiologen also Ackerschmalwand-Pflänzchen von sogenannten Klinostaten gleichmäßig um die eigene Achse rotieren. So werden die Kreuzblütler von allen Seiten gleichermaßen der Schwerkraft ausgesetzt. „Einen erschwinglichen Klinostaten für Petrischalen gibt es jedoch nicht“, bedauert Heilmann. So schwer kann es doch nicht sein, das selbst zu bauen, dachte der Professor und erinnerte sich der eigenen Basteleien seiner Jugend. Er holte den alten „fischertechnik“-Bausatz hervor und siehe da: „Sogar der dazugehörige Elektromotor funktionierte noch!“
Ein wenig Tüftelei, dann war es vollbracht: Elf Zahnräder aus Kunststoff und ein fast 40 Jahre alter Elektromotor sorgen dafür, dass sich wie gewünscht bis zu fünf Petrischalen gleichmäßig um sich selbst drehen können. Meist läuft das Unikat der Marke Eigenbau in der Dunkelkammer der Abteilung. Nur zu besonderen Anlässen wie der Langen Nacht der Wissenschaften wird das Gerät zum Star: Neugierige Besucher dürfen den Klinostaten dann auch im Licht begutachten – denn einfallendes Licht würde die Testergebnisse eigentlich verfälschen. Den Rest der Zeit rotiert das selbstgebaute Stück im Dunkeln allein und unerschütterlich vor sich hin.