Theater auf der Saale: Ensemble feiert Jubiläum

28.06.2023 von Katrin Löwe in Varia, Campus
24 Produktionen, mehr als 500 beteiligte Studierende, über 60 beteiligte künstlerische Partnerinnen und Partner sowie ein Leiter: Das sind die wichtigsten Zahlen aus zehn Jahren, in denen Tom Wolter das Studierendentheater der MLU leitet. Im Jubiläumsjahr gibt es eine besondere Herausforderung: das Spiel auf einem Theaterschiff. Am 4. Juli ist Premiere des Stücks „The Tempest“ von Shakespeare.
Die Mitglieder des Studierendentheaters auf dem Theaterschiff auf der Saale
Die Mitglieder des Studierendentheaters auf dem Theaterschiff auf der Saale (Foto: Nikita Skopincev)

Es wird eine völlig neue Herausforderung, sagt Anja Barnert. Ein Theaterstück auf einem Schiff, einer Spielstätte also, bei der es viel mehr Impulse als gewöhnlich gibt. Impulse, die bewusst in die Aufführung integriert werden können, die diese aber möglicherweise auch stören. Das Schiff, welches die Mitglieder des Studierendentheaters mit ihrem neuen Stück erobern wollen, liegt schließlich nicht irgendwo, sondern öffentlich an der Saale direkt hinter der Giebichensteinbrücke. Da ist nicht nur anderer Schiffsverkehr. Da ist schon die Frage nach dem Wetter eine ganz spannende, wie das Ensemble während der Proben merkte: Flexibilität war gefragt, als es darum ging, wegen eines Gewitterregens kurzfristig den Probenort noch einmal zu verlegen.

Solche Dinge zu organisieren, Ansprechpartnerin für die Theatermitglieder zu sein, ist in diesem Semester Aufgabe von Anja Barnert, die die Regieassistenz übernommen hat. Die Studentin der Medien- und Kommunikationswissenschaften sowie der Erziehungswissenschaften ist seit ihrem Studienbeginn 2020 Teil des Ensembles. Die 21-Jährige hat zuvor bereits zehn Jahre lang Theater gespielt, in der Schule, aber auch beim Volkstheater oder bei der Theatergruppe „Freigeister“ in Rostock. Die „Lust, auf die Bühne zu gehen“ wollte sie auch in Halle befriedigen – kein Problem angesichts des Studierendentheaters, das der hallesche Theatermacher und Kommunalpolitiker Tom Wolter seit dessen Gründung vor zehn Jahren an der Uni leitet.

Tom Wolter
Tom Wolter (Foto: Jörg Metzner)

Er sei von dem damaligen Rektor Prof. Dr. Udo Sträter angesprochen worden, erinnert sich Wolter. Wegen seines Engagements als Dozent, Schauspiellehrer und in Projekten für Kinder und Jugendliche sei er zu der Zeit eigentlich kein Freund neuer, langfristig orientierter Projekte gewesen. Einen Test hat er dennoch gewagt. Und: „Es hat riesigen Spaß gemacht.“ Schon nach dem zweiten Semester war der Status für ihn nicht mehr der eines Tests, Wolter konzentrierte seine Nachwuchsarbeit nun auf das Studierendentheater der MLU. Das habe vor allem damit zu tun, „dass das eine herrliche, großartige Meute ist, die man da kennenlernen darf“, wie er selbst sagt. Auch wenn die Arbeit anfangs unter nicht ganz so idealen Bedingungen lief: Bis 2017 etwa gab es keinen festen Probenort. Das änderte sich mit der Gründung des „WUK Theater Quartiers“ durch den Verein „Werkstätten und Kultur Halle“, dessen Künstlerischer Leiter Wolter ist. Das WUK Theater Quartier ist als Kooperationspartner im Auftrag der Uni tätig, das Studierendentheater heute Teil des Collegium Musicum der MLU und als ASQ-Modul fest institutionalisiert.

In jedem Semester studieren die Mitglieder des Ensembles ein neues Stück ein – eine enorme Herausforderung angesichts wechselnder Besetzungen und ein Grund, warum Wolter relativ zeitnah eine gewisse Verbindlichkeit von den Interessierten einfordert. Deren Zahl steigt übrigens: In diesem Semester gab es 50 Anmeldungen statt knapp 20 wie vor zehn Jahren, Studierende aus der Medizin sind ebenso vertreten wie aus den Bereichen BWL, Archäologie, Agrarwissenschaften oder Biologie. Von den bislang mehr als 500 Studierenden, die im Theater mitgewirkt haben, seien im Übrigen 20 bis 30 in einen künstlerischen Beruf gewechselt, sagt Wolter.

Die erste Vorstellung, erinnert sich der Theaterleiter, war im Urania – und ebenso vergnüglich wie erfolgreich. Überhaupt habe es bisher keine Produktion gegeben, die kein gutes Feedback erhalten habe. Auch an „Die Schuldigen“ erinnert sich Wolter gut, mit dem Stück wurde die gesamte „alte Physik“, das Gebäude am Friedemann-Bach-Platz, bespielt. Geprobt wird grundsätzlich einmal pro Woche, darüber hinaus an Probewochenenden, die das Ensemble schon an den unterschiedlichsten Orten verbracht hat, von Großkayna bis Schloss Goseck. Mit dem Stück aus dem vergangenen Semester „Das Bergwerk zu Falun“ wurde auch wieder an die Tradition des Gastspiels angeknüpft, das Theater war in Dresden.

Aktuell proben die Studierenden um Wolter an Shakespeares „The Tempest“ (Der Sturm), setzen sich dabei mit Naturkatastrophen auseinander, mit Ungerechtigkeit und der Frage, wie man damit umgeht. Shakespeare erzählt in dem Stück eine Art Märchengeschichte. „Wir versuchen, unsere Version davon zu entwickeln“, sagt der Theaterleiter. Die intensive Auseinandersetzung mit den Stücken ist ihm wichtig. Wie bringt man etwas auf die Bühne, das für eine ganz andere Zeit geschrieben wurde? Das – wie zuletzt das „Bergwerk zu Falun“ – ganz andere Werte vermittelt als die, mit denen Studierende heute aufwachsen? Auch diesmal gilt deshalb: „Es kann sein, dass wir uns dabei weit weg von Shakespeare bewegen.“ Wie immer hat sich Wolter Partner dazu geholt. Einer davon ist Niklas Stelbrink, der als Biologiestudent selbst vor knapp zehn Jahren schon Mitglied des Theaters war, die Stücke musikalisch begleitet, meist mit Trompete oder Flöte. „Das Coole daran sind die vielen verschiedenen Leute mit ihren Eigenarten“, sagt der 31-Jährige, heute freier Musiker. Es ist neben der willkommenen Abwechslung zum Studium diese Form von Gemeinschaft, die das Theater auch für Anja Barnert immer wieder spannend und wichtig macht.

Premiere von „The Tempest“ ist am 4. Juli.

Das neue Stück

  • „The Tempest“ auf dem WUK Theater Schiff, Saalepromenade, Steg 4, 06114 Halle
  • Aufführungen: Dienstag, 4. Juli – Samstag, 8. Juli, jeweils 20.30 Uhr, Sonntag, 9. Juli, 18 Uhr
  • Tickets: 7 / 10 / 15 Euro, online unter http://www.wuk-theater.de/karten oder an allen Vorverkaufsstellen der Stadt

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