ULB digital

26.09.2016 von Manuela Bank-Zillmann in Varia, Campus
Hort der Bücher? Raum stiller Lektüre? Ort des Wissensgewinns per Exzerpt? Für Anke Berghaus-Sprengel, seit einem halben Jahr Direktorin der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB), ist eine Bibliothek heute bereits viel mehr. Sie führt ein Traditionshaus, das sich ständig erneuert hat, sich aber weiter wandeln muss.
"Ich kann auf sehr vieles aufbauen", sagt Anke Berghaus-Sprengel, Direktorin der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt.
"Ich kann auf sehr vieles aufbauen", sagt Anke Berghaus-Sprengel, Direktorin der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt. (Foto: Markus Scholz)

Die gebürtige Norddeutsche beantwortet Fragen freundlich und direkt. Ohne Schnörkel. Journalisten schätzen das. Auch für sie nimmt Anke Berghaus-Sprengel sich immer wieder Zeit, obwohl sie keine hat. Drei Stunden Drehzeit für 2:37 Minuten Sendezeit im MDR? Das muss gehen. Kommunikation ist ihr wichtig. Nach außen, aber auch in der täglichen Arbeit im eigenen Haus: „Die Kollegen hier müssen ihre Sichtweisen einbringen können, sie kennen ja auch die Probleme viel länger als ich.“

Seit 1. April ist Anke Berghaus-Sprengel Direktorin der ULB. Bereits ihre Vorgänger Dr. Heiner Schnelling (1996-2013), Dr. Dorothea Sommer (kommissarisch bis 2015) und Dr. Karl-Ernst Wehnert (kommissarisch 2015/2016) standen vor Herausforderungen. Zum Beispiel die Zusammenführung aller Außen-Magazinbestände in ein einziges Magazin in Halle-Neustadt, der Bau der neuen Steintor-Campus-Bibliothek und damit die Zusammenführung von 17 Zweigbibliotheken an einen Ort. „Ich kann auf sehr vieles aufbauen. Meine Vorgänger haben sich intensiv um die Standortkonzentration gekümmert, aber auch enorme Drittmittel zur Digitalisierung unserer Altbestände eingeworben. Das ist beeindruckend“, sagt Berghaus-Sprengel.

Aber: Sie will und wird eigene Schwerpunkte setzen: „Zuallererst ist dringend die IT-Infrastruktur zu modernisieren, die Lernorte sollten folgen. Die forschungsnahen Dienstleistungen von Open-Access-Publikationsangeboten über Forschungsdatenmanagement bis zur Langzeitarchivierung müssen wir ausbauen. Personalentwicklung ist ebenfalls notwendig. Da wartet überall viel Arbeit.“

In der Steintor-Bibliothek werden Selbstbedienungssysteme bereits eingesetzt. Sie sollen langfristig möglichst in allen Zweigbibliotheken zum Einsatz kommen.
In der Steintor-Bibliothek werden Selbstbedienungssysteme bereits eingesetzt. Sie sollen langfristig möglichst in allen Zweigbibliotheken zum Einsatz kommen. (Foto: Markus Scholz)

An der Berliner Humboldt-Universität hat Berghaus-Sprengel mehrere Großprojekte geleitet, zuletzt war sie Projektleiterin bei der Einführung eines Cloud-basierten Bibliotheksmanagementsystems. Sie ist die Fachfrau, die die ULB in Halle in diesem Bereich in die Zukunft führen soll. „Die Bibliotheken befinden sich alle in einer Umbruchsituation. Sie haben nach wie vor ihre klassischen Aufgaben, aber weil der gesamte Bereich der Digitalisierung dazu kommt, verändern sich auch die Berufsbilder grundlegend.“

Das hat auch etwas mit den Bibliotheksnutzern zu tun: „Die heutige Generation der Studierenden arbeitet anders als noch vor zehn Jahren, auch die Suchprozesse sind andere. Und es gibt den Anspruch, sich am Bildschirm die Texte als PDF anzeigen zu lassen, anstatt im Regal zu suchen“, sagt sie. Was dem Nutzer da hilft, sind sogenannte Discovery-Systeme, die online den Zugang zum Wissen der Welt schaffen und nicht zu Tausenden von Einzel-Katalogen.

Ein solches System braucht auch die ULB. „Im Moment arbeiten wir daran, eine Verbundlösung zu finden, also gemeinsam mit Partnern ein solches System anzuschaffen und zu betreiben. Im ersten Quartal 2017 könnte darüber entschieden werden und der Start einer Beta-Version danach zeitnah folgen.“

Was man noch für Discovery-Systeme braucht? „Den Bibliotheksmitarbeiter als Metadaten-Manager“, sagt Berghaus-Sprengel. Denn letztlich brauche es nicht allein Schlagworte im Katalog, sondern auch durchsuchbare Abstracts und Volltexte. Und dort, wo die Metadaten schon da sind, „müssen diese abrufbar werden.“

Auch die Lesebereiche in den Zweigbibliotheken stellt sie sich für die Zukunft anders vor, als sie heute sind. „Wir brauchen Lernräume, keine reinen Lesesäle. Wir brauchen eine Lernatmosphäre und müssen auch gemeinsames Arbeiten ermöglichen.“ Plätze zum stillen Lesen soll es weiterhin geben, aber eben auch Gruppenräume zum gemeinsamen Arbeiten. Abgesehen davon: Selbstbedienungssysteme sollen möglichst in allen Zweigbibliotheken zum Einsatz kommen.

Für Anke Berghaus-Sprengel stehen immer die Nutzer im Zentrum ihrer Überlegungen. Nutzer sind aber nicht nur Studierende. „Wir müssen uns auch weiter in Richtung Wissenschaft öffnen“, sagt sie. Das heißt nicht nur, dass die Möglichkeit zur Open-Access-Publikation jetzt technisch neu aufgesetzt wird. Eine große Herausforderung für die ULB ist das Forschungsdatenmanagement. Das bedeutet: Die einer wissenschaftlichen Publikation zugrundeliegenden Daten sollen in Zukunft direkt über die Publikation abrufbar werden. „Das ist auch gefordert und wir sind gefordert. Denn im Sinne einer guten wissenschaftlichen Praxis sollen Daten so auch für alle überprüfbar werden.“

Dafür jedoch muss die ULB zukünftig über die Daten verfügen, sie aufbewahren und digital direkt zugänglich machen. Das ist nicht einfach und betrifft alle wissenschaftlichen Arbeiten ab der Promotion. Manche Daten – zum Beispiel in der Medizin Patientendaten – müssen aber auch geschützt werden können. „Das bedeutet also auch ein komplexes Rechtemanagement einzuführen.“ Hier gibt es bereits Gespräche mit dem IT-Servicezentrum der Uni, wie man dies schon bald umsetzen und die Daten lange aufbewahren könne. Letztlich – wie die Bücher auch – für die Ewigkeit.

Zur Person

Anke Berghaus-Sprengel wurde 1962 auf Norderney geboren, ist gelernte Buchbinderin und studierte Geschichte, Philosophie und Deutsche Literaturwissenschaft in Hannover. Nach ihrem Referendariat arbeitete sie in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin, dort zuletzt als Leiterin der EDV-Abteilung. Fast zehn Jahre lang war Anke Berghaus-Sprengel im Anschluss an der Bibliothek der Humboldt-Universität Berlin tätig. Als Direktorin leitete sie die Abteilung Zweigbibliotheken und Controlling, verantwortete Großprojekte zur Automatisierung und Einführung neuer Bibliothekssysteme.

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