Werben für Teilhabeangebote

12.02.2021 von Katrin Löwe in Campus, Studium und Lehre
Seit einem Jahr ist die Erziehungswissenschaftlerin Prof.in Dr.in Kirsten Puhr an der Universität die Inklusionsbeauftragte des Senats. Mit Beratungen und der Suche nach Problemlösungen in puncto Teilhabe ist sie ebenso befasst wie mit der Weiterentwicklung von Strategien für eine möglichst barriere- und diskriminierungsfreie Universität. Eine erste Bilanz.
Kirsten Puhr ist seit 2020 Inklusionsbeauftragte des Senats - hier steht sie vor Filmplakaten mit unterschiedlichen Motiven zu Teilhabe oder Diskriminierung.
Kirsten Puhr ist seit 2020 Inklusionsbeauftragte des Senats - hier steht sie vor Filmplakaten mit unterschiedlichen Motiven zu Teilhabe oder Diskriminierung. (Foto: Maike Glöckner)

Ihr Amt hat viel mit ihren Forschungs- und Lehrthemen zu tun. „Das ist die hochschulpolitische Seite meiner Profession und passt zu meinem Selbstverständnis“, sagt Kirsten Puhr. Seit Oktober 2019 ist sie Professorin für die Arbeitsbereiche Allgemeine Inklusionspädagogik und Körperpädagogik – da lag es durchaus nahe, sie nach ihrer Bereitschaft für die Tätigkeit als Inklusionsbeauftragte des Akademischen Senats der Universität zu fragen. „Ich habe sehr gern Ja gesagt“, so Kirsten Puhr.

Seit einem Jahr hat sie das Amt inne. In Sachen Inklusion und Barrierefreiheit sei viel in Bewegung, sagt Kirsten Puhr. An einzelnen Fakultäten gebe es sehr engagierte Kolleginnen und Kollegen, an der Philosophischen Fakultät III ein aktives Inklusionsteam. Derartiges Engagement ist für sie ein grundlegendes Thema, das sie unterstützen möchte. In diesem Sinne sei auch der Aufbau einer Kooperation zwischen der MLU und dem Fachbereich Bildung und Soziales der Stadt Halle in den aktuellen Maßnahmeplan aufgenommen worden, der zwischen MLU und der Stadt insgesamt regelmäßig erneuert wird.

Als einen Aspekt, an dem noch viel gearbeitet werden müsse, nennt Kirsten Puhr die barrierefreie Kommunikation – etwa im Zuge der Digitalisierung, aber auch durch die Bereitstellung bedarfsgerechter Hilfsmittel wie zum Beispiel Übersetzungssysteme für Studierende mit Hör- und Sprachbeeinträchtigungen. „Aber es gibt eine große Sensibilität an der Universität“, sagt sie. Hilfreich sei, dass die Verantwortung für das Thema Inklusion strukturell auf mehrere Schultern verteilt ist – Kirsten Puhr nennt den Referenten für Inklusion Dr. Christfried Rausch, der inzwischen der Stabsstelle für Vielfalt und Chancengleichheit zugeordnet ist, die Leiterin der Stabsstelle Martina Langnickel, den Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers Dr. Christian Paschke und die Vertrauensfrau der Schwerbehindertenvertretung Dr.in Monika Lücke. Gemeinsam wurde die Arbeit am Entwurf einer Inklusionsvereinbarung, der seit 2016 auf Eis lag, wieder aufgenommen: „Wir sind sehr gut vorangekommen“, sagt Kirsten Puhr. Der Entwurf werde nun mit allen relevanten Gremien beraten und  – so hofft sie – dem Senat noch 2021 vorgelegt. Auch ein erster Aktionsplan soll in diesem Zusammenhang vorbereitet werden. Was die Inklusionsbeauftragte hervorhebt: Die Vereinbarung beziehe sich wie schon die Integrationsvereinbarung von 2006 nicht nur auf Vorhaben zur barrierefreien Teilhabe der Beschäftigten der Universität, sondern auch auf die der Studierenden. „Das ist etwas, was es in der Hochschullandschaft in Deutschland so gut wie nicht gibt.“

Die Beratung, insbesondere der Studierenden, die Anspruch auf Teilhabeassistenz oder Nachteilsausgleiche haben – das sind etwa elf Prozent aller Studierenden –, nehme im Wesentlichen der Referent für Inklusion Dr. Christfried Rausch wahr, sagt Kirsten Puhr. In besonderen Fällen von Diskriminierungen und Ausgrenzungen sowie in akuten Krisen berät auch sie Studierende, Teilhabeassistentinnen und -assistenten sowie Beschäftigte. Einbezogen ist die Inklusionsbeauftragte zudem bei einigen technischen oder baulichen Planungen – zum Beispiel, wenn es um erste Absprachen zur Einrichtung eines Prüfungssaales für Onlineprüfungen geht. Neben barrierefreien Zugangsmöglichkeiten und Sanitäranlagen gilt es dabei viele weitere Facetten mitzudenken: Gibt es technische Voraussetzungen für die Arbeit mit Brailleschrift, schallreduzierte Arbeitsplätze? Was muss bedacht werden, wenn Studierende bei der Prüfung von einer Assistenz begleitet werden?

Wenn Kirsten Puhr über Beratungen und Anfragen wie diese spricht, dann sagt sie häufig „wir“ und bezieht damit alle mit Inklusion befassten Strukturen ein. „Gemeinsam überlegen wir: Was lässt sich berücksichtigen, was geht vielleicht auch aus baulichen oder finanziellen Gründen nicht – und welche Alternativen gibt es dann.“ Man werde beispielsweise nicht alle Studierenden-Arbeitsplätze, Hörsäle und Seminarräume barrierefrei zugänglich machen können, sagt Kirsten Puhr. „Aber es muss möglich sein, Arbeitsplätze zu finden, und das muss so kommuniziert werden, dass alle Verantwortlichen und Studierenden davon wissen.“

Die Kommunikation von Möglichkeiten ist ein Thema, das die Inklusionsbeauftragte auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bewegt. Sie sei seit Beginn der Pandemie besorgt, dass der Schutz von Menschen – etwa durch Kontaktbeschränkungen – gleichzeitig zu einem der größten Risiken für Teilhabe auch an der Universität werden könnte, zum Beispiel durch psychische Belastungen von Studierenden oder unzureichende technische Ausstattung für die Online-Lehre. Und: Viele Studierende mit Unterstützungsbedarfen seien gerade gar nicht präsent, „damit werden auch Probleme unsichtbar“. Dafür müsse man sensibilisiert sein und aktiv für Teilhabeangebote werben, auch und gerade bei Studierenden, die neu an der MLU sind.

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Inklusion

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