Wie lässt sich die Pflege von Angehörigen mit Beruf oder Studium vereinbaren?
Das Familienbüro ist bislang vor allem mit Angeboten für Eltern aufgetreten. Was hat sich im Bereich der Pflege schon getan?
Andrea Ritschel: Wir haben bisher nur einzelne Anfragen von Beschäftigten zur Pflege erhalten. Im Vergleich zu den Anfragen von Studierenden mit Kind waren das wenige. Bei unseren Aktionen für Eltern ist es aber mehrmals vorgekommen, dass Beschäftigte der Universität uns darauf hinwiesen: Ich kenne jemanden, der bei der Pflege seiner Angehörigen große Probleme hat. Die Kinder ständen im Mittelpunkt und die andere Gruppe werde gar nicht berücksichtigt.
Auch deshalb haben wir die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf als einen Schwerpunkt in die aktuelle Zielvereinbarung zur Re-Auditierung aufgenommen. Das Symposion am 6. November ist dafür die Auftaktveranstaltung. Es zeigt, dass sich die Universität mit der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf bzw. Studium verstärkt auseinandersetzen wird.
An wen richtet sich das Symposion am 6. November?
Ich würde jedem, der sich über Pflege informieren will, empfehlen zu kommen. Es gibt unterschiedliche Angebote – für diejenigen, die pflegen, aber auch für die, die perspektivisch an ihre eigene Pflegebedürftigkeit denken. Wir informieren darüber, welche Möglichkeiten der Vorsorge es gibt. Wie gehe ich damit um, wenn sich mein Angehöriger nicht mehr artikulieren kann? Wie kann ich für den Fall meiner eigenen Pflegebedürftigkeit Vorsorge treffen? Weitere Themen sind die Krankheitsbilder Demenz und Alzheimer und die Vereinbarkeit von Pflege und Studium.
Die Beschäftigten und Studierenden müssen sich nicht zu den Veranstaltungen anmelden, wir bitten aber um eine Rückmeldung per E-Mail, Fax oder persönlich bis vor dem Beginn der Gesamtveranstaltung darüber, welchen Workshop sie besuchen wollen. Da uns wegen der Vorlesungen nur eine bestimmte Anzahl unterschiedlich großer Veranstaltungsräume zur Verfügung stehen, sind die Plätze begrenzt.
Was erhoffen Sie sich von der Veranstaltung?
Dass deutlich wird, dass Beschäftigte oder Studierende, die Angehörige pflegen, kein Schattendasein führen müssen. Pflege wird im Beruf oder im Studium als zusätzliche Belastung anerkannt, ebenso wie die Betreuung von Kindern. Auch wenn beide Aspekte der Vereinbarkeit von Familien und Beruf bzw. Studium nicht in allen Fragen gleich behandelt werden. Pflege ist ein Thema, über das jeder sprechen und zu dem jeder seine Bedürfnisse äußern kann.
Wie geht es danach weiter?
Einige der Veranstaltungen zur Pflege sollen in den Weiterbildungskalender aufgenommen werden. Es soll nicht bei einer einmaligen Veranstaltung bleiben, sondern regelmäßige Informationsangebote zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf geschaffen werden. Das Familienbüro möchte zu dem Thema außerdem eine Broschüre für Beschäftigte und Studierende herausgeben. Zurzeit arbeiten wir außerdem daran, ein Informationsnetzwerk zur Pflege aufzubauen.
Wie werden Studierende und Beschäftigte, die Angehörige pflegen, vom Familienbüro unterstützt?
Die Probleme bei Pflegefällen in der Familie sind vielseitig. Einerseits kann man plötzlich damit konfrontiert werden, dass jemand in der Familie pflegebedürftig wird. Hier kann die Hochschule bei der Suche nach Hilfe und Ansprechpartnern informieren und vermitteln. Wir können auf die vernetzte Pflegeberatung in Sachsen-Anhalt hinweisen oder darauf, wo man sich über die Qualität von Pflegeheimen informieren kann.
Wenn ich mich andererseits dafür entschieden habe, meine Angehörigen selbst mit zu pflegen, kann das eine Einschränkung im Beruf oder zumindest erhöhte Flexibilitätsanforderungen zur Folge haben. Für Studierende kann es auch bedeuten, dass sie hinsichtlich der Zeiten, in denen sie studieren können, eingeschränkt sind. Welche Hilfestellungen die Universität in diesem Fall geben kann, das müssen wir zukünftig auch darstellen.
Wie soll die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf an der MLU verbessert werden?
Es gibt schon jetzt unterschiedliche Instrumente für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, die durch Gesetze oder durch den Tarifvertrag vorgegeben sind. Dadurch ist eine hohe Flexibilität bereits vorhanden. Man muss sich dann individuell überlegen, welche Regelung zum jeweiligen Pflegefall passt. Das ist abhängig vom Grad der Pflegebedürftigkeit, davon ob ich voll- oder teilzeitbeschäftigt bin, in welchem Umfang die häusliche Pflege des Angehörigen kann oder soll und wie die Perspektive dieser Pflege aussieht. Gleichzeitig geht es aber auch um die Auswirkung auf die Beschäftigten oder Studierenden, auf die Kranken- oder Rentenversicherung oder Ansprüche im Arbeitsverhältnis. Um die jeweilige Situation zu bewältigen, kann man niemandem ein bestimmtes Schema empfehlen. Das ist das Beratungsangebot, das vom Familienbüro in Zusammenarbeit mit der Abteilung Personal bzw. der Studienberatung geleistet werden kann.