Am Steintor-Campus vereint: Bibliothek und weitere Institute ziehen um
Nicht nur Bücher, auch viele Zettel sind zurzeit noch in dem Bibliotheks-Neubau am Steintor-Campus zu finden: „24219 + 14cm“ oder „Regalböden von 7 auf 6 reduzieren“ steht darauf. Es sind wichtige Hinweise für die Umzugshelfer, die hier gerade Regal um Regal mit Büchern bestücken. Seit drei Wochen sind die Männer dabei, die 24 Kilometer Regalböden mit Literatur zu füllen.
Wertvolle historische Sammlungen und Sonderbestände bringen die Umzugshelfer in das Kompaktmagazin im Untergeschoss. Aber den Großteil der Bestände stellen sie in den fünf Stockwerken der Freihandbibliothek auf – und zwar nach einem ausgeklügelten System: 17 unterschiedliche Fachbestände werden hier zusammengeführt und einheitlich klassifiziert. Eine logistische Herausforderung, die über Jahre hinweg vorbereitet wurde.
„Zuwachs ist möglich“
Viele Buchrücken haben die Bibliothekare ausgemessen, um anhand der Regallängen zu berechnen, wie alle 760.000 Bücher genau dort Platz finden, wo sie thematisch hingehören. Für Bücher, die während des Umzugs entliehen sind, haben sie entsprechend Platz gelassen – ebenso für mögliche Neuanschaffungen. „Wir haben Kapazität für eine Million Bände. Zuwachs ist also möglich“, sagt Dorothea Sommer, Leiterin der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt (ULB).
Mit der Zweigbibliothek „Indogermanistik / Südasien / Fremdsprachen“ gelang die Feuertaufe: Alle 75.000 Bände sind erfolgreich und passgenau in den Neubau umgesetzt worden. Über die Ortsleihe in der August-Bebel-Straße kann man die Bücher aus der Steintor-Bibliothek bereits vor der offiziellen Eröffnung wieder entleihen, sobald sie im Regal stehen und auch im Buchungssystem umgezogen sind.
„Alle Bestände werden auf die gemeinsame Systematik umgestellt und sind dadurch thematisch geordnet. Dabei wird es keine Überschneidungen geben“, erklärt Miriam Heise. Als Fachreferentin war sie bislang für die Zweigbibliotheken Neuphilologie in der Dachritzstraße und für Germanistik in der Herweghstraße verantwortlich. Beide Bibliotheken lagen mehr als zwei Kilometer auseinander.
„So lässt sich ein Semesterapparat nicht mal eben schnell zusammenstellen.“ Deshalb freut sich Heise auf ihren neuen Arbeitsort. „Ich bin natürlich sehr froh darüber, dass die ehemals getrennten Bestände jetzt gemeinsam aufgestellt werden. Aber ich bin auch begeistert von dem Gebäude an sich.“
Jeder, der den Kubus zum ersten Mal betritt, ist von seinem Inneren überrascht. Von außen wirkt der Bau fast fensterlos, innen beeindruckt das schräge Glasdach, das bis in die unterste Etage für helles Tageslicht sorgt – selbst dann, wenn die Lamellen auf dem Dach an sonnigen Tagen Schatten spenden. Ein hinter hellem Ulmenholz verstecktes Lüftungssystem sorgt zusätzlich für das richtige Klima. Trotz einer Außentemperatur von 32 Grad Celcius bleibt das Innere angenehm kühl.
Kunstgeschichte und Archäologie erstmals vereint
Bücher und Büromaterialien sind aber nicht die einzigen Gegenstände, die in diesen Tagen an den Steintor-Campus transportiert werden. In der ehemaligen Tierklinik, dem sanierten Gebäude in der Adam-Kuckhoff-Straße 34 sind gerade die historischen Funde der Archäologen eingetroffen. Die Mitarbeiter des Instituts für Kunstgeschichte und Archäologien Europas beziehen ihre Büros im Neubau in der Emil-Abderhalden-Straße 26/27. „Gestern kamen die letzten Kisten, heute wurden die Telefonanschlüsse gelegt. Internet haben wir noch nicht überall“, berichtet Archäologe Dr. Andreas Northe. „Den Umzug von einem Büro ins andere erledigt jeder in zwei bis drei Tagen.“
Über seinen neuen Arbeitsort sagt der Wissenschaftler: „Für die Außenwahrnehmung und für unsere interne Zusammenarbeit ist es sehr schön, dass Archäologie und Kunstgeschichte jetzt einem Standort vereint sind. Das vereinfacht vieles.“ Dennoch sieht Northe auch Nachteile: „Die Büros im Neubau sind gewöhnungsbedürftig. Wir arbeiten mit historischen Dokumenten und Funden, für die wir in diesen Räumen keine geeigneten Stellflächen haben.“
Viele Institute fehlen nicht mehr. Aus der Philosophischen Fakultät II sind – bis auf die Sprechwissenschaftler – bereits alle an ihrem neuen Domizil angekommen. Ab Oktober wird ihnen die holzverkleidete Cafébar des Studentenwerks Snacks und Getränke bieten.
Neben den roten und gelben Ziegeln der Altbauten und dem hellgrauem Beton der Neubauten hat das Außengelände mittlerweile auch viele grüne Farbtupfer bekommen: Große und kleine Wiesen wurden angelegt, junge Bäume gepflanzt. Schattige Sitzplätze finden Mitarbeiter und Studenten unter den alten Bäumen zwischen der Ludwig-Wucherer-Straße 2 und der Bibliothek.
Wer den Neubau einmal von innen sehen will, hat am 17. Oktober Gelegenheit dazu. Anwohner, Studierende und alle Interessierten zu einem Tag der offenen Tür eingeladen. Ab 10 Uhr werden an diesem Samstag auch Führungen durch die Bibliothek angeboten.
Informationen zur Buchausleihe während des Umzugs auf den Seiten der ULB
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