BOLSA-Studie: Volkswagen-Stiftung fördert Digitalisierung eines Datenschatzes
Die Bolsa-Studie zählt heute zu den bedeutendsten deutschen Längsschnittstudien. Mit 222 Menschen hatten Psychologen der Universität Bonn in der Zeit von 1965 bis 1981 gesprochen, um die Prozesse des Alterns näher zu erforschen. Die anderthalb Tonnen Akten und 600 Tonbänder, die dabei entstanden, werden jetzt mit Hilfe einer 130.000 Euro-Förderung der Volkswagen-Stiftung digitalisiert.
Bereits vor einigen Wochen hat eine auf Digitalisierung spezialisierte Berliner Firma damit begonnen, die alten Tonaufnahmen – rund 3.600 Stunden – digital zu erfassen. „Die ersten 20 Tonbänder sind bereits digitalisiert“, berichtet Dr. Katrin Moeller, Leiterin des Historischen Datenzentrums an der Uni Halle. Gemeinsam mit der Sozialhistorikerin und Humboldt-Forschungspreisträgerin Prof. Dr. Christina von Hodenberg hatte sie den Förderantrag gestellt.
Von Hodenberg lehrt als Professorin für Geschichte an der Queen Mary University of London und entdeckte die fast vergessenen BOLSA-Daten im Rahmen ihrer Forschungen. Als sie 2014/15 als Gastwissenschaftlerin an das Institut für Geschichte der Uni Halle kam, holte sie die wertvollen Quellen mit Hilfe des Historischen Datenzentrums Sachsen-Anhalt nach Halle. Hier werden historische Daten computergestützt aufbereitet, bereitgestellt und ausgewertet.
Die Quellen der BOLSA-Studie möchte Katrin Moeller jetzt Forschern in einem eigens dafür entwickelten digitalen Archiv zugänglich machen. Unterstützt wird sie dabei vom Servicezentrum eSciences der Universität Trier. „Gemeinsam mit der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt wollen wir außerdem die digitale Langzeitarchivierung der Daten sicherstellen. Dafür muss eine langfristige, datenschutzgerechte Lösung entwickelt werden“, so die Historikerin.
Bereits jetzt interessierten sich Wissenschaftler aus ganz unterschiedlichen Gründen für die Daten: „Forscher aus Heidelberg, Berlin und Bielefeld sowie von der US-amerikanischen Duke University nutzen die BOLSA-Quellen zurzeit – für Studien über die 1968er-Generation oder über Deutsche polnischer Herkunft“, berichtet Moeller. Studierende der Uni Halle arbeiten im Historischen Datenzentrum Sachsen-Anhalt ebenfalls mit den Quellen.
Auch die anderthalb Tonnen Aktenordner sollen bereits bis zum Ende des Jahres vollständig eingescannt werden. Nach ihrer Digitalisierung werde man aber voraussichtlich nur einen Teil der Aktenordner dauerhaft archivieren können.
Für die Tonbänder gibt es hingegen andere Pläne: Sie werden nach dem Abschluss der Digitalisierung an das im Archiv für Gesprochenes Deutsch (AGD) in Mannheim übergeben. „Damit wird sich der Bestand des AGD verdoppeln – und wir haben ein adäquates und optimales Langzeitarchiv für die sensiblen Datenträger gefunden“, freut sich Katrin Moeller.
Kontakt: Dr. Katrin Moeller
Historisches Datenzentrum Sachsen-Anhalt
Tel.: +49 345 55-24286
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