DEAL, Open Data und mehr Open Access: Neues aus der ULB
Gibt es Neuigkeiten bei den Verhandlungen des DEAL-Projekts mit den großen Wissenschaftsverlagen?
Anke Berghaus-Sprengel: Ende des letzten Jahres ist es der DEAL-Gruppe gelungen, mit den Verlagen Springer und Wiley neue Angebote zu verhandeln, die auch Open Access Optionen einschließen werden. Bis zum endgültigen Vertragsabschluss, der in 2018 erfolgen soll, wurden Übergangsverträge geschlossen, die den vollständigen Zugriff auf die lizenzierten Inhalte einschließen und keine Preissteigerung enthalten. Wichtig ist für den endgültigen Abschluss, dass wir nicht doppelt zur Kasse gebeten werden: Einmal für das Abonnement einer Zeitschrift und dann ein weiteres Mal für die Veröffentlichung eines Artikels. Elsevier hat diese Open-Access-Option zunächst blockiert, sodass es aktuell keinen gültigen Vertrag mehr mit dem Verlag gibt. Elsevier hat uns und vielen anderen Mitgliedern von DEAL jedoch momentan nicht den Zugang abgeschaltet, auch wenn das ausdrücklich keine Verlängerung des bestehenden Vertrags bedeutet.
Was bedeutet das für die Benutzerinnen und Benutzer der ULB Sachsen-Anhalt?
Der Zugriff auf die Journale von Springer und Wiley ist ungehindert möglich. Auch auf die Journale von Elsevier haben die Nutzerinnen und Nutzer aktuell den vollen Zugriff. Letztere könnten jederzeit wieder gesperrt werden. In so einem Fall läuft bei uns eine Notversorgung an: Über Dokumentenlieferdienste werden wir dann kostenpflichtig einzelne Artikel bestellen. Das geht natürlich nicht ganz so schnell wie der unmittelbare, direkte Zugriff. Die Kosten für die Lieferdienste trägt die ULB.
Wann rechnen Sie mit einem neuen Stand bei Elsevier?
Die Verhandlungen gehen natürlich weiter. Finnland hat im Januar einen Vertrag mit Elsevier abgeschlossen, welcher auch Open-Access-Optionen einschließt. Diese Einigung könnte auch für Deutschland positive Auswirkungen haben. Vielleicht können auch die Einigungen mit Wiley und Springer hierbei helfen. Einen konkreten Zeitplan gibt es aber nicht.
Auch an der Universität Halle hat sich einiges getan. Vor einigen Wochen ist die Universität „The Open Library of Humanities“ beigetreten. Was hat es damit auf sich?
Im Sommer 2017 haben wir als ULB einen Open-Access-Publikationsfonds etabliert. Dieser wird speziell aus den medizinischen und den Naturwissenschaften stark nachgefragt. Um den Geistes- und Sozialwissenschaften, die andere Publikationskulturen haben, ähnliche Angebote zu unterbreiten, haben wir unseren freien Open-Access-Fonds für freie Projekte, wie die Herausgabe eigener Journale. Die Open Library of Humanities ist ein weiteres Element. Dabei handelt es sich um einen Open-Access-Verlag, der viele Journale in den Geistes- und Sozialwissenschaften mit einem konsequenten Peer Review anbietet.
Mitgliedschaften sind ein Bestandteil der Anstrengungen, die Umstellung von einem subskriptionsbasierten Verlagsgeschäft zu einem publikationsbasierten Modell zu befördern. Bei letzterem ist der Zugang zu den Inhalten für alle frei, die anfallenden Publikationskosten werden durch Veröffentlichungsbeiträge oder wie in diesem Fall durch Mitgliedsbeiträge finanziert. Diese Initiative unterstützen wir, wie auch weltweit viele andere Universitäten. Dadurch kann auch im geisteswissenschaftlichen Bereich ein qualitativ hochwertiges Open Access Zeitschriftenportfolio angeboten werden.
Zuletzt verabschiedete der Akademische Senat zudem eine Forschungsdatenleitlinie. Wozu dient diese konkret?
Wir sind im Moment dabei, ein Forschungsdatenrepositorium aufzubauen. Dieses dient zum einen dazu, Open-Access-Artikel aus der Universität an einem zentralen Ort zu veröffentlichen, etwa Dissertationen und Habilitationsschriften oder Zweitveröffentlichungen. Künftig wollen wir aber auch Primär- und Forschungsdaten zentral speichern können, die im Sinne der guten wissenschaftlichen Praxis immer nachhaltig gesichert und verfügbar sein sollten. Unser zentraler Server steht allen Angehörigen der Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt offen und stellt ein niederschwelliges Angebot für jene dar, die bisher ohne eigene Datenbanken oder nur mit Privatkopien gearbeitet haben.
Mit der Leitlinie haben wir geregelt, dass die Universität die Unterhaltung von Infrastrukturen für die Speicherung von Forschungsdaten als ihre Aufgabe ansieht. Die standardisierte Erfassung und die nachhaltige Sicherung von Forschungsdaten ermöglichen eine spätere Nachnutzung ebenso wie die Nachprüfbarkeit von Forschungsergebnissen. Neben der Möglichkeit, die Daten auf dem hochschuleigenen Repositorium abzulegen, besteht natürlich immer die Option, sich über geeignete, fächerspezifische Lösungen beraten zu lassen. Gleichzeitig hat unser Server den Vorteil, dass er in Deutschland steht und dem deutschen Datenschutzgesetz unterliegt.
Weitere Informationen zu den Angeboten der ULB gibt es unter http://bibliothek.uni-halle.de/dbib/openaccess/
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