Der erste Unterricht: Johanna Kippe im Lehramtsstudium
Du bist mittlerweile im fünften Semester. Welches Erlebnis hat dich bisher besonders geprägt?
Johanna Kippe: Das war die erste Schulpraktische Übung im vierten Semester. Wir sind einmal in der Woche in die Körperbehindertenschule nach Dessau gefahren. Da durfte ich auch zum ersten Mal unterrichten und den Schulalltag kennenlernen. Natürlich war ich anfangs aufgeregt, vor den Schülern zu sprechen. Meine Dozentin hat mir aber wirklich produktives Feedback gegeben. Der Umgang mit den Kindern fiel mir dann immer leichter. Irgendwann habe ich das ganze Drumherum vergessen und es einfach gemacht.
Kommen in fünf Semestern auch mal Zweifel am Studium oder den eigenen Fähigkeiten auf?
Zweifel gibt es, ja. Aber nicht am Studium. Es gibt aber Kommilitonen, die scheinbar schon so viel mehr Erfahrungen haben, was mich verunsichert: die besser reden im Seminar, die viel mehr Wissen mitbringen … Da habe ich mich schon gefragt, ob ich dafür überhaupt schon bereit bin oder vielleicht etwas verpasst habe. Im Umgang mit den Kindern habe ich dann aber gemerkt, dass es um viel mehr geht als um theoretisches Wissen. Das Feedback von außen hat mir auch gezeigt, dass ich gut aufgehoben bin in dem Job. Was mich auch sehr glücklich macht.
Wo hast du noch Wissenslücken?
Was Elternarbeit angeht, fühle ich mich noch nicht ausreichend gerüstet. Da steckt nämlich viel Konfliktpotential drin: Eltern sehen sich als Experte in Bezug auf ihre Kinder, wir als Pädagogen aber natürlich auch. Wir wollen das Beste für ihr Kind, die Eltern aber auch. Ich weiß noch nicht, wie ich mit schwierigen Eltern umgehen würde. An der Uni wird ein Modul angeboten, das sich damit beschäftigt. Es muss aber in meinen Stundenplan passen.
Wie sieht dein Studienalltag mittlerweile aus: Hat sich eine bestimmte Routine etabliert?
Das ist von Woche zu Woche unterschiedlich. Meistens beginnt bei mir die Uni erst um 10 Uhr, außer am Montag – da schon 8 Uhr. Zwischen den Veranstaltungen habe ich oft bis zu zwei Stunden Zeit. Meistens bleibe ich dann in der Uni und mache Übungen oder schreibe an Hausarbeiten. Abends ist dann noch Zeit, sich mit Freunden zu treffen oder zweimal die Woche Sport zu machen. Ich habe jetzt „Latin Dance Fitness“ für mich entdeckt.
Das klingt recht entspannt. Hängt das mit einer guten Organisation zusammen?
Dadurch, dass man sich am Anfang des Semesters seinen Stundenplan selbst zusammenstellen kann, kann ich mich gut auf alles einrichten. Das Einzige, wo ich mich unter Druck gesetzt fühle: wenn Veranstaltungen parallel laufen und man keine Ausweichmöglichkeiten hat. Das trifft dieses Semester auf eine Vorlesung in Mathe und ein Seminar Körperbehindertenpädagogik zu. Beides ist sehr wichtig für mich und ich muss mich immer entscheiden, wo ich hingehe.
Wie löst du dieses Problem?
Ich bin nicht die einzige, die das betrifft. Es gibt Kommilitonen, die jede Woche an dem Körperbehindertenpädagogik-Seminar teilnehmen können. Die sind so lieb und schicken uns dann ihre Mitschriften. Weil sie wissen, dass ich und ein paar andere da zwiegespalten sind.
Du hattest nach dem ersten Studienjahr davon berichtet, dass du vom Hauptfach Deutsch zu Sachunterricht wechseln möchtest. Wie hat das funktioniert?
Ich musste meine Entscheidung schriftlich begründen. Zunächst sah es so aus, als ob es nicht funktionieren würde. Ich hatte mir deswegen schon echt einen Kopf gemacht. Doch kurz vor dem Semesterstart erhielt ich die Nachricht vom Zentrum für Lehrerbildung, dass ich wechseln darf. Da ich mich da schon in die Deutsch-Module eingeschrieben hatte, war es dann noch einmal etwas stressig. Das hat aber einigermaßen hingehauen und ich bin zufrieden.
Bist du denn mittlerweile öfter in Halle oder pendelst du nach wie vor zwischen Heimat und Uni?
Daran hat sich nicht viel geändert. Ich bin immer noch sehr mit der Heimat verbunden. Da ich nicht allzu weit von Halle weg wohne, pendele ich recht viel. Das ist auf Dauer schon nervig, weil man nie richtig zur Ruhe kommt. Aber ich denke mir dann: Du bist nur einmal jung und jetzt vertrage ich das noch gut. Es gibt aber auch Wochenenden, an denen ich in Halle bleibe. Das ist auch gut so.
Was schätzt du an Halle, wenn du mal länger in der Stadt verweilst?
Im Sommer liebe ich die Peißnitzinsel total. Und auch sonst hat Halle wirklich schöne Ecken für Studenten. Halle ist groß, aber nicht zu groß, ich kann alles zu Fuß oder mit der Bahn erreichen. Auch meine Familie ist ganz begeistert, wenn sie mal zu Besuch ist. Sie sagen dann, dass sich die Stadt im Vergleich zu früher echt rausgemacht macht.
Was kommt als Nächstes auf dich zu?
Die Klausurenphase ist jetzt noch einmal stressig, da ich innerhalb von zwei Wochen fünf Klausuren schreibe. In den Semesterferien mache ich dann ein Praktikum an einer Geistigbehindertenschule. Da werde ich auch wieder unterrichten – mit dem Unterschied, dass ich es dann zum ersten Mal vollkommen alleine machen werde. Ich hoffe natürlich, dass ich bei alledem gut durchlaufen werde.
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