Die Anatomie des Menschen auf einen Klick
Bildgebende Verfahren sind in der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. Ihre Interpretation gehört zum festen Bestandteil des Medizinstudiums. Das Lernprogramm von Faramarz Dehghani setzt genau an dieser Stelle an: Es ermöglicht den Studenten die Betrachtung von histologischen sowie histopathologischen Organpräparaten. Das bedeutet, dass sowohl der gesunde, als auch der abnorme oder krankhafte Zustand des Gewebes abgebildet werden.
„Diese Kopplung ist einzigartig. Ich kenne kein anderes Programm, welches diese Komponenten derart miteinander kombiniert“, sagt der Anatomie-Professor. Es gibt noch eine weitere Besonderheit: Die meisten Abbildungen im Onlineprogramm stammen von menschlichen Präparaten. Früher wurden häufig tierische Gewebe verwendet. Der direkte Bezug zur Humanmedizin ist jedoch ein Vorteil, da sie die Wirklichkeit des ärztlichen Alltags wiederspiegelt.
Einfache Bedienung und übersichtliche Strukturen
Ziel des Programms sei eine gute Orientierung. Die Studenten sollen möglichst schnell das finden, was sie suchen. „Wer sich einmal mit dem Programm auseinandergesetzt hat, stellt fest, dass die Bedienung sehr leicht ist. Das bestätigen mir meine Studenten immer wieder“, berichtet Dehghani. Gerade in Bezug zur Didaktik sei das Programm eine notwendige Ergänzung zu den Lehrbüchern. "Das Programm hat mir sehr dabei geholfen, den Lernstoff strukturiert zu erarbeiten und als Ergänzung zur Literatur war es für mich eine große Hilfe. Die Auswahl an Präparaten, die ich auch unterwegs immer einsehen konnte, hat mir das Lernen sehr erleichtert", erzählt Sebastian Laabs, Medizinstudent im vierten Semester.
Mit wenigen Mausklicks können sich die Benutzer für jedes Präparat zusätzliche Hinweise und Beschriftungen anzeigen lassen. So können die Studenten zuerst schauen, ob sie die wichtigen Strukturen im Gewebebild selbst erkennen können, ohne dass diese durch das Programm sofort angezeigt werden. Die Nutzung ist sogar während der Arbeit mit dem Mikroskop sehr hilfreich. „Die unterschiedlichen Präparate können nämlich voneinander abweichen. So lernen die Studenten, Unterschiede in den Strukturen zu erkennen und hinterfragen bestehende Präparate kritischer“, ergänzt Dehghani.
Multimediales Lernen seit 1999
Das Projekt ist das Ergebnis einer Kooperation vieler Wissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter unterschiedlicher Universitäten. Das Lernprogramm besteht seit 1999 und wurde seitdem von Dehghani und seinen unterschiedlichen Mitarbeitern kontinuierlich ausgebaut. Ursprünglich an der Goethe-Universität in Frankfurt von ihm ins Leben gerufen, nahm er das Programm über die Universität Leipzig mit nach Halle. Ohne diese Unterstützung wäre das Programm auch nicht zu realisieren gewesen. „Derzeit sind wir ein Team von drei Leuten, inklusive mir“, sagt der Mediziner und lacht. „Das ist wirklich viel Arbeit, aber die große Resonanz von den Studenten und die positiven Rückmeldungen sind Entschädigung genug.“
Weltweite Nutzung und großer Zuspruch
Das Lernprogramm wird auch in Vorlesungen eingesetzt und erfreut sich einer breiten Nutzung unter den Studenten. Es wird jedoch nicht nur von Studierenden aus Halle genutzt. Die meisten Nutzer kommen zwar aus Deutschland, es gibt jedoch zahlreiche Zugriffe aus Ländern wie Luxemburg, England, Polen, Tschechien, Japan oder China. „Am Anfang dachte ich, das wären unsere Studenten, die nach Hause geflogen sind. Als diese dann jedoch wieder hier waren, erkannte ich die internationale Resonanz des Programms.“
Das Lernprogramm wird laufend erweitert und an die Bedürfnisse der Studenten angepasst. Vor drei Wochen wurde es um eine Such-Funktion ergänzt, mit der die Studenten zielgerichtet Präparate abfragen können. Sehr bald wird es auch eine Quizfunktion geben. Aufgebaut wird diese im Stil eines Multiple-Choice-Verfahrens. Die Fragen und Antworten kommen hier jedoch nicht vom Professor, sondern werden von den Studenten selbst formuliert und bearbeitet. Die besten Fragen schaffen es dann in das System. Am Ende können die Studenten ihre Test-Prüfung zur Organlehre dann bequem von zu Hause erledigen. „Darüber hinaus planen wir eine Übersetzung ins Englische“, sagt Dehghani.
Das Programm bietet den Studenten bisher vorgegebene Bildausschnitte aus einzelnen Präparaten von menschlichen Gewebestrukturen. In Zukunft soll es möglich sein, das gesamte Präparat einzusehen. Dadurch haben die Studenten dann den größtmöglichen Freiraum. „Das Lernprogramm ist mein Beitrag, um die Lehre in der Anatomie aufzuwerten, ohne dabei die Forschung aus den Augen zu verlieren“, so Dehghani. „Die Lehre wird ja an vielen Standorten klar vernachlässigt und genießt nicht den Stellenwert, den sie verdient. Mir geht es daher um ein gutes Gleichgewicht zwischen diesen beiden Bereichen. Eine Lehre ohne Einfluss der aktuellen Forschungsergebnisse ist nicht zeitgemäß."
Kontakt: Prof. Dr. Faramarz Dehghani
Anatomie und Zellbiologie
Tel.: 0345 557-1944
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