„Es geht nicht nur um Geld“
Wozu brauchen wir ein Personalentwicklungskonzept, konkret eines für das wissenschaftliche Personal?
Johanna Mierendorff: Personalentwicklung ist etwas, das die Organisation weiterentwickeln soll. Das geht aber nur, wenn man auf der einen Seite ein konkretes und auf das Subjekt bezogenes Personalentwicklungskonzept hat und auf der anderen Seite die passenden strukturellen Rahmenbedingungen schafft. Es geht es nicht nur um Geld, sondern auch um Verfahrensstrukturen, in denen zum Beispiel Weiterbildung oder Karriereplanung möglich sind.
Das Tenure-Track-Programm war also nicht der Grund?
Die Beteiligung an der Ausschreibung zum sogenannten Tenure-Track-Programm des Bundes war nicht der Grund, aber ein wichtiger Anlass, das Konzept für das wissenschaftliche Personal voranzutreiben. Wir brauchen das Konzept aus verschiedenen Gründen und das, was ich aufzähle, ist nicht hierarchisch gemeint: Die Universität will ein attraktiver Arbeitgeber sein. Wir sind daran interessiert, immer wieder Personal von außen zu holen und dies auf allen Qualifikationsebenen, also Professorinnen und Professoren, Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter, Habilitanden, Promovierende etc. Das funktioniert nur, wenn wir zeigen, dass unsere Universität auch auf dieser personenbezogenen Ebene sehr gut funktioniert. Zweiter Punkt: Wir brauchen Prozessabläufe, die reibungslos funktionieren und auch als Dienstleistung mit Gesamtkonzept und nicht als einzelne Weiterbildungsmaßnahme wahrgenommen werden. Dabei müssen wir Karrieren innerhalb und außerhalb der Universität denken können.
Brauchen wir das nicht auch für den nichtwissenschaftlichen Bereich? Sehen Sie da Handlungsbedarf?
Das brauchen wir auch – für das gesamte die Wissenschaft unterstützende Personal. Das sind ja nicht nur Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, es sind technische Mitarbeiter, es sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Bereich des Wissenschaftsmanagements tätig sind. Ich strebe auf jeden Fall in meiner Amtszeit an, dies auf den Weg zu bringen. Wir haben bei „Rektorat im Dialog“ in den Gesprächen mit den Fakultätsmitgliedern oft genug gehört, dass sich hier an der Schnittstelle zwischen wissenschaftlichem und nichtwissenschaftlichem Personal etwas ändern muss. Auch wenn man die Überlasten, die hier alle fahren, nicht komplett mit einem Personalentwicklungskonzept geregelt bekommt: Eine Analyse würde doch zeigen, wo die Knackpunkte liegen und wo man systematisch unterstützen muss.
Zurück zum vorliegenden Konzept. Beim Lesen stellt man fest, dass noch einiges mit Leben gefüllt werden muss, zum Beispiel, mit welchen Maßnahmen die MLU eigentlich zu den benannten Zielen kommt. Es ist also davon auszugehen, dass das Konzept jetzt nicht schön laminiert in Ihrem Schrank verschwindet. Wie arbeiten Sie weiter?
Das ist eigentlich der zentrale Punkt. Dieses Papier ist in einem Dialog mit Gruppen entstanden, die mit Personalentwicklung befasst sind: mit den Fakultäten, den Bereichsleitungen und der Personalabteilung, auch auf Basis einer Umfrage unter den Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern der Universität. Was hier gemeinsam erarbeitet wurde, ist Grundlage für die Meilensteine, die im Konzept stehen – also für das, was noch in dieser Amtszeit angegangen werden soll. Jetzt geht es darum, mit den Entscheidungsträgern, also auch dem Rektorat, zu reden, was wie möglich ist. Da es jetzt auch das Prorektorat für Personalentwicklung und Struktur gibt, möchte ich das etwas breiter denken und die bisher Beteiligten anders anbinden. Meine Vorstellung ist es eine Rektoratskommission zu bilden.
Was ist Ihr größtes Anliegen in diesem Zusammenhang?
Dass die Umsetzung des Konzepts als Gesamtaufgabe von allen an der Universität betrachtet wird. Und dass auch alle erkennen, dass das, was sich hier entwickelt hat und entwickelt, etwas Gutes ist und dass Halle im Vergleich zu allen Universitäten in Deutschland generell sein Licht überhaupt nicht unter den Scheffel stellen muss. Das sieht man auch am Antrag zum Tenure-Track-Programm. Es haben alle an einem Strang gezogen und in einer extrem kurzen Zeit den Antrag auf den Weg gebracht. Das ist schon toll und sehr lösungsorientiert.
Noch zwei kleine Punkte aus dem Konzept, die für eine Universität vielleicht nicht immer selbstverständlich sind. Was fällt Ihnen dazu ein? Das erste ist noch einmal Arbeitgeberattraktivität.
Sie steht bei vielen hier an der Universität nicht an erster Stelle und sie ist auch nicht allein ökonomisch zu denken, sondern: Warum kommt jemand und warum kommt sie oder er mit der Familie? Es muss möglich sein, dass es von unserer Seite bei der Entscheidung für Halle eine Unterstützung gibt. Das liegt nicht nur in der sachlichen und personellen Grundausstattung.
Zweitens: „Personalentwicklung ist eine Führungsaufgabe.“ Das ist ja unstrittig, aber wie lässt sich besser im Wissenschaftsbereich implementieren, dass das eben auch dazugehört?
Führung bedeutet nicht allein den eigenen wissenschaftlichen Ausweis. Zunehmend wird Forschung in größeren Gruppen vollzogen – sowohl in den Natur- als auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Diese Gruppen im Blick zu behalten und auch die Einzelnen in der Gruppe, das ist Führungsaufgabe. Ja, und diese wahrzunehmen, das ist nicht angeboren. Es ist auch nicht bei allen verankert, dass da beraten werden muss – insbesondere auch vor dem Hintergrund des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Hier können Karrieren in der Sackgasse enden – aus formalen Gründen. Da müssen wir Übergänge schaffen. Das kann zwar die Personalabteilung auch, aber die fachspezifischen Feinheiten können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort nicht wissen. Und so gehört es für die Doktormütter und -väter dazu, sich nicht nur um das wissenschaftliche Werk der Doktoranden zu kümmern, sondern auch um die Karrierewege. Das zu verankern und in Weiterbildungen konkret zu vermitteln, ist wichtig.
Das Personalentwicklungskonzept steht auf den Seiten des Prorektorats für Personalentwicklung und Struktur zum Download bereit.
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