Hilfe, ist mein Kind hochbegabt?
Im September 2012 wurde die Beratungsstelle an der Philosophischen Fakultät III der MLU eingerichtet. Das Projekt wird bis zum Jahr 2017 vom Kultusministerium des Landes gefördert. „Die Idee und das Konzept für das Angebot stammen von der Universität in Marburg, an der es seit 1999 eine ähnliche Einrichtung gibt“, erklärt Prof. Dr. Christoph Gallschütz, der die Beratungsstelle leitet.
Die erste Anlaufstelle für Eltern ist die Telefonsprechstunde. Hier entscheiden Reichardt und Thümler, ob Eltern und Kind zur Diagnostik eingeladen werden. Das würde etwa in einem Drittel aller Fälle passieren. Der überwiegende Teil der Anrufer werde an andere Einrichtungen verwiesen, etwa an Jugendpsychotherapeuten oder Beratungsstellen für Erziehungsfragen.
Kommt ein Kind in die Beratungsstelle, beginnt ein umfassender Beratungs- und Betreuungsprozess. „Zuerst führen wir Gespräche mit den Eltern und dem Kind”, erklärt Reichardt. Danach wird die intellektuelle Leistungsfähigkeit des Kindes mit Hilfe von Intelligenztests ermittelt. Als hochbegabt gilt ein Kind dann, wenn die Testergebnisse einem IQ-Wert von über 130 entsprechen. Das ist aber, so die Erfahrung der beiden Psychologinnen, nur sehr selten der Fall.
Im Anschluss daran werden Empfehlungen und Gutachten für die schulische Laufbahn des Kindes erarbeitet. Ob es zum Beispiel sinnvoll ist, wenn das Kind eine Klassenstufe überspringt. Diese Hinweise werden dann in einem Abschlussgespräch mit den Eltern ausgewertet. Ein halbes Jahr nach der Beratung geben die Eltern ein schriftliches Feedback ab, inwiefern sie die Empfehlungen als hilfreich empfunden haben. „Ein hochbegabtes Kind braucht nicht automatisch eine außergewöhnliche Erziehung“, erklärt Reichardt.
Man müsse also keine Angst haben, mit einer falschen Erziehung die Hochbegabung des eigenen Kindes zu beeinträchtigen. Wichtig sei es vielmehr, die Interessen der Kinder zu fördern. „Das unterscheidet sich also nicht von anderen Kindern“, versichert Inga Reichardt.