Unis auf Partnersuche: „Die MLU genießt in der Mongolei einen außerordentlich guten Ruf“
Herr Wille, bevor wir zu den aktuellen Plänen kommen, lohnt sich gerade in diesem Fall ein Blick zurück. Die Mongolei und die MLU – das ist eine Beziehung mit enorm langer Tradition und Superlativen.
Boris Wille: Richtig. Die MLU genießt in der Mongolei einen außerordentlich guten Ruf, der durch die jahrzehntelange Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gewachsen ist – vor allem auf biologischem und zoologischem Gebiet. Bereits seit 1962 führen offizielle Expeditionen MLU-Forschende in die Mongolei, in diesem Jahr wurde der hallesche Zoologe Prof. Dr. Michael Stubbe in Ulaanbaatar für 60 Jahre Zusammenarbeit in der Forschung gewürdigt. Unsere Universität ist im Besitz einer der größten Kollektionen von Arten der mongolischen Fauna in Europa und einer Sammlung, die die Hälfte der in dem ostasiatischen Land bekannten Pflanzenarten umfasst. Unzählige mongolische Akademikerinnen und Akademiker haben ihre Biologie-Ausbildung in Halle erhalten. Mittlerweile gibt es auch Kooperationen in Bereichen wie Jura, Medizin, Umwelt oder Geographie.
Die mongolischen Hochschulen wollen nun ein neues Kapitel aufschlagen. Vor welchem Hintergrund?
Die neun Hochschulen der Mongolei befinden sich in einem Umbruch. Im Kern geht es darum, wie sich der traditionelle Fokus auf Lehre um Forschungskomponenten erweitern lässt, wie dies institutionell gestaltet und möglicherweise durch staatliche Finanzierung untersetzt werden kann. Die Hochschulen orientieren sich zunehmend an internationalen Parametern und Rankings und wollen sich in aktuelle globale Wissenschaftsdebatten einbringen. Das geht einher mit dem Bestreben, Partnerschaften auf Augenhöhe einzugehen und diese langfristig und vielschichtig zu etablieren. Unter diesen Vorzeichen stand zuletzt auch eine Tagungswoche unter dem Titel „Science and Technology New Recovery Policy: Leveraging University Research“, an der alle Hochschulen des Landes beteiligt und zu der die MLU und andere internationale Partner eingeladen waren.
Tatsächlich gibt es bereits mehrere institutionelle Partnerschaften.
Der seit 1967 bestehende Universitätsvertrag mit der National University of Mongolia (NUM) ist der älteste Universitätsvertrag der MLU außerhalb Europas überhaupt. In den vergangenen zehn Jahren wurden Kooperationen mit vier weiteren mongolischen Hochschulen etabliert: 2014 mit der Mongolian Academy of Sciences, 2015 mit der Mongolian National University of Medical Sciences, 2017 mit den German Mongolian Institute for Resources and Technology und zuletzt 2020 mit der Mongolian University of Life Sciences. Zudem fanden, gefördert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst, von 2014 bis 2017 zahlreiche Besuche und Workshops statt, in denen die MLU und die NUM den Wissensaustausch auch jenseits von Forschungsinhalten gepflegt haben.
Wenn alles läuft, wo ist dann der Ansatzpunkt für ein Werben um Partner?
Mit institutionellen Beziehungen zu fünf der neun mongolischen Hochschulen ist die MLU zwar sehr gut vernetzt und partnerschaftlich breit aufgestellt. Jedoch befindet sich nicht nur die Hochschullandschaft der Mongolei an einem Umbruchspunkt, sondern auch ein Großteil unserer Kooperationen. Die engagierten Kolleginnen und Kollegen von einst sind schlichtweg nun nicht mehr im Dienst. Die Hochschulleitungen unserer mongolischen Partner haben in Gesprächen betont, dass es für sie von hoher Bedeutung ist, dass die Kooperationen auf wissenschaftlich-inhaltlicher Ebene gelebt und von den Fachbereichen getragen werden.
Dann lassen Sie uns konkret werden: Von welchen Fachbereichen reden wir?
Die National Universität of Mongolia hat Interesse daran, die Kooperation im Bereich der Zoologie und Botanik weiterzuführen, einen internationalen Masterstudiengang in der Physik zu etablieren und ERASMUS+-Partnerschaften im Bereich der Sozial- und Geisteswissenschaften – also Erziehungswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Gender-Studies, Soziale Arbeit, Soziologie und Anthropologie – aufzubauen. Die Mongolian National University of Medical Sciences möchte die bestehende Kooperation insbesondere im Forschungsbereich vertiefen. Die gegenwärtige Generation von Forschenden ist bereits sehr gut mit angelsächsischen, aber vor allem auch mit südkoreanischen und japanischen Universitäten vernetzt und an einer Erweiterung nach Europa interessiert. Das German Mongolian Institut for Resources and Technology ist an gemeinsamen Forschungen zu Umwelt- und Ressourcenthemen interessiert, insbesondere zu Fragen von Environmental Engineering, Wasser-, Boden- und Abfallmanagement sowie Bergbau und Rehabilitation. Eine zum Korea Institute of Ceramic Engineering and Technology bestehende Kooperation ließe sich auch auf den MLU ausweiten. Darüber hinaus ist das German Mongolian Institut im Zuge der Reformen ausgewählt worden, ein Pilot-Doktorandenprogramm für die Mongolei zu entwickeln. Dafür ist man auf der Suche nach einem Antragspartner für ein Erasmus+-Projekt. Das Institut bildet Studierende in MINT-Fächern aus, ein Kernelement ist dabei auch die Deutschausbildung. Gerade hier besteht Interesse an einer Zusammenarbeit mit der MLU.
Wenn sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der MLU nun angesprochen fühlen: Wie geht es weiter?
Wer Interesse oder einfach nur Fragen hat, kann sich gern an mich wenden. Die dynamische Situation im mongolischen Hochschulsektor ist spannend und die Rahmenbedingungen für Kooperationen sind sehr gut. Seit Februar 2024 ist die Mongolei zu einem strategischen Partner für die Bundesrepublik Deutschland aufgewertet worden. Beide Länder haben sich der Intensivierung der Zusammenarbeit verschrieben, explizit auch in der Wissenschaft.
Kontakt:
International Office, Dr. Boris Wille
Tel: +49 345 55-21590
E-Mail: boris.wille@international.uni-halle.de