Neues Archiv für alte Uni-Schätze
„Das Klima ist das wichtigste in einem Archiv“, sagt Dr. Michael Ruprecht, Leiter der Zentralen Kustodie und des Universitätsarchivs der Uni Halle. Und auch wenn in den Räumen noch viele Kartons stehen und die Umzugshelfer eine Palette nach der anderen, beladen mit weiteren Kartons, im Aufzug nach oben fahren, wird klar: Hier ist alles optimal geplant. „Die Planung ist wichtig, sonst blickt bei insgesamt vier Kilometern an Archivgut keiner mehr durch“, so Ruprecht weiter. Insgesamt stehen in der Dachritzstraße 1.800 Quadratmeter für die zum Teil wertvollen Archiv-Bestände zur Verfügung. Auch Reserven bieten die Räume noch: Fast zwei Kilometer weiteres Archivmaterial können eingelagert werden.
Im oberen Bereich, gleich neben dem Lesesaal, befinden sich die wichtigsten Dokumente: alte Bestände aus den Anfangszeiten der Universitäten Halle und Wittenberg. So sind sie leicht zugänglich. Das älteste Dokument ist eine Urkunde aus Wittenberg aus dem Jahr 1347. „Trotzdem ist es schwer zu sagen, welches Stück am wertvollsten ist. Es kommt immer auf die Betrachtung an, etwa auf den künstlerischen, materiellen oder wissenschaftlichen Wert“, macht Ruprecht deutlich.
Eines der modernsten Universitätsarchive
Unten, dort, wo bis zum Umzug der Philologien an den Steintor-Campus, der Lesesaal der Bibliothek war, sind die Scheiben jetzt abgedunkelt. „Hier passiert nichts Geheimes. Es soll nur kein Sonnenlicht hereinscheinen, damit das empfindliche Papier nicht beschädigt wird“, erklärt Ruprecht. In meterlangen und mehr als mannshohen Rollregalen sind sämtliche Prüfungsakten der Universität verwahrt. Auch die Akten des Personals werden seit dem Ende des 19. Jahrhunderts aufbewahrt. Bei der Nummerierung sind die Archivmitarbeiter bereits bei über 120.000 angekommen.
Zur Ausstattung gehören außerdem moderne Rollschränke für Gemälde aus der Zentralen Kustodie, die wasserdicht abschließen und so auch vor einer Überschwemmung schützen. Selbst zur Digitalisierung müssen Karten und Akten nicht mehr nach außen gegeben werden. Mit einem Aufsicht-Scanner im Format DIN A0 können Mitarbeiter wertvolle Karten selbst und vor allem berührungslos scannen. „Damit gehört unser Archiv zu den modernsten Universitätsarchiven in Deutschland“, sagt Ruprecht stolz.
Auch für die Nutzer hat sich vieles verbessert. Bisher hatte das Archiv auch mehrere Außenmagazine. Jetzt befinden sich alle Bestände an einem Ort und sind so schnell verfügbar. Der neue Lesesaal verfügt über acht Arbeitsplätze – doppelt so viele wie bisher. „Das war auch notwendig, denn bis jetzt mussten Archivnutzer mitunter wochenlang auf einen freien Arbeitsplatz warten“, so Ruprecht weiter.
„Brentano hat sich gut betragen“
Doch bevor der Umzug beginnen konnte, hatten die Archivmitarbeiter noch viel mehr zu tun, als nur Umzugskartons zu verpacken. Die Bestände wurden gesichtet, in die Datenbank eingepflegt und zum Teil auch restauriert. Dabei tauchten auch einige Schätze auf – wie etwa ein ganzer, noch nicht erfasster und damit nicht bekannter, Bestand an Führungszeugnissen aus der Zeit um 1800. Bis 1870 mussten Studenten nämlich zur Einschreibung ein Führungszeugnis aus dem Gymnasium vorlegen. „Dort kann man dann nachlesen, dass sich der Dichter Clemens Brentano gut betragen hat“, erzählt Ruprecht von seiner Entdeckung.
Am 19. Juni wird das Archiv am neuen Standort im Rahmen der Festwoche anlässlich des 200-jährigen Jubiläums der Vereinigung der Universitäten Halle und Wittenberg offiziell eröffnet. Danach können Interessierte selbst einen Blick in die Räume bzw. das Gedächtnis der Uni Halle werfen.
Weitere Informationen zum Universitätsarchiv unter www.archiv.uni-halle.de
Kontakt: Dr. Michael Ruprecht
Zentrale Kustodie und Universitätsarchiv
Tel.: +49 345 55-21732
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