Selbstverteidigung: Wie Pflanzen sich wappnen

17.06.2015 von Corinna Bertz in Forschung, Wissenschaft
Auf Angriff folgt Verteidigung – aber wie? Agrarwissenschaftler der Universität Halle und Forscher des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie (MPI-CE) in Jena konnten erstmals sichtbar machen, wie Pflanzen unmittelbar reagieren, sobald sie verwundet oder von Raupen attackiert werden. Die Ergebnisse sind jetzt in der Fachzeitschrift New Phytologist veröffentlicht worden.
Die Larve einer Baumwolleule auf einer Ackerschmalwand. Wie die Pflanze auf Raupenfraß reagiert, konnten jetzt Forscher aus Halle und Jena zeigen.
Die Larve einer Baumwolleule auf einer Ackerschmalwand. Wie die Pflanze auf Raupenfraß reagiert, konnten jetzt Forscher aus Halle und Jena zeigen. (Foto: Aufnahme: Sandra Scholz und Monika Heyer / MPI-CE)
Victoria Kiep
Victoria Kiep (Foto: Wolfgang Gans)

„Wir wollten wissen, wie in den Pflanzen Signale weitergeleitet werden, wenn sie verletzt werden“, sagt Victoria Kiep, Doktorandin am Lehrstuhl Pflanzenernährung von Prof. Dr. Edgar Peiter. Wird ein Blatt einer Pflanze angegriffen, so wird die gesamte Pflanze innerhalb von Minuten in Abwehrbereitschaft versetzt und bildet auch in den noch nicht befallenen Pflanzenteilen Stoffe, die den Pflanzenfresser abwehren sollen.

Die Forscher aus Halle und Jena konnten nun erstmals zeigen, dass Kalzium als Botenstoff an dieser systemischen Abwehrreaktion in entfernten Blättern beteiligt ist. Anhand von Experimenten, an denen auch Masterstudent Justus Lattke am Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften und Doktorand Jan-Peter Maaß beteiligt waren, ließ sich visuell darstellen, wie und unter welchen Voraussetzungen sich die Kalzium-Signale innerhalb der Pflanzen ausbreiten.

Sie nutzten dazu gentechnisch veränderte Ackerschmalwand-Pflanzen, die Licht abstrahlen, sobald freigesetzte Kalzium-Ionen von einem in der Pflanze gebildeten Protein namens Aequorin gebunden werden. Mit Hilfe einer hochempfindlichen Kamera konnten die Wissenschaftler messen und aufzeichnen, wie sich die Kalzium-Signale in der Pflanze zeitlich und räumlich ausbreiteten.

Die Abbildung zeigt die über 30 Minuten akkumulierte Lichtmenge in der Pflanze. Die Kalziumkonzentration ist in blauer Farbe eher niedrig und rot besonders hoch. werden über einen Farbcode. Der Pfeil zeigt den Bereich, in dem sich in einem kleinen Käfig eine Baumwolleulenraupe und zwei Arabidopsis thaliana Blätter befinden.
Die Abbildung zeigt die über 30 Minuten akkumulierte Lichtmenge in der Pflanze. Die Kalziumkonzentration ist in blauer Farbe eher niedrig und rot besonders hoch. werden über einen Farbcode. Der Pfeil zeigt den Bereich, in dem sich in einem kleinen Käfig eine Baumwolleulenraupe und zwei Arabidopsis thaliana Blätter befinden. (Foto: Aufnahme: V. Kiep, J. Vadassery)

„Die Kamera ragt in eine kleine Dunkelkammer hinein, in der wir die Pflanzen verletzt oder mit einer Raupe konfrontiert haben“, berichtet die 26-Jährige Agrarwissenschaftlerin, die am Lehrstuhl für Pflanzenernährung bereits ihre Bachelor- und Master-Arbeit geschrieben hat. „Zu sehen war dann, wie zunächst das verletzte Blatt aufleuchtet und anschließend innerhalb weniger Minuten andere Blätter zu Leuchten beginnen. Der gesamten Pflanze wurde somit durch die Kalzium-Ionen die Verletzung signalisiert.“

In weiteren Tests fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Übertragung der Signale nur dann innerhalb der gesamten Pflanze erfolgt, wenn das Gefäßsystem der Pflanze verletzt wurde und dass spezielle Kanalproteine in Membranen für die Bildung dieser Signale notwendig sind. Überraschenderweise zeigte sich auch, dass das orale Sekret der Raupe die Ausbreitung der Signale verzögern kann, um die pflanzliche Abwehr auszuschalten.

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