Staatsrechtliches Forum 2018: Herausforderungen durch Digitalisierung
Seit wann gibt es die Veranstaltung und an wen richtet sie sich?
Winfried Kluth: Das Staatsrechtliche Forum gibt es seit 2014. Es wird von meinem Lehrstuhl in Kooperation mit der Landesvertretung von Sachsen-Anhalt beim Bund in Berlin durchgeführt. Wir wollen damit unsere Forschungsarbeit zum Staats- und Verfassungsrecht in der Hauptstadt präsentieren. Dabei richten wir uns an die Parlamentarier, die Fachministerien, die Vertreter der anderen Bundesländer in Berlin, aber natürlich auch an Wissenschaftler, Verbände und andere Fachorganisationen. Bisherige Themen waren die Kontrolle der Nachrichtendienste, die Rede- und Meinungsfreiheit in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung und die „Familie als Wirtschaftsfaktor“. Alle diese Veranstaltungen haben eine gute Aufmerksamkeit in der von Angeboten überfluteten „Berliner Szene“ erfahren.
In diesem Jahr war Digitalisierung ein Schwerpunkt …
Kluth: Es ging es um die Herausforderungen, die die Digitalisierung im Bereich der Gewährleistung von Sicherheit in Staat und Unternehmen mit sich bringt. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Dr. Hans-Georg Maaßen erläuterte in seinem Vortrag, welche neuen Bedrohungen durch Terroristen und Aktivitäten anderer Staaten in Deutschland drohen. Dabei machte er zugleich deutlich, dass wegen einer fehlenden „digitalen Kompetenz“ in Deutschland eine erhebliche Abhängigkeit von den IT-Firmen und Nachrichtendiensten anderer Länder besteht. Ohne deren Hilfe seien in jüngster Vergangenheit schwerwiegende Gefahren nicht rechtzeitig zu erkennen und abzuwehren gewesen. In einem weiteren Vortrag machte Susanne Dehmel als Mitglied der Geschäftsführung des Digitalverbandes bitkom deutlich, dass es ein gemeinsames Interesse von Unternehmen und Staat an hohen Standards im Bereich der IT-Sicherheit gibt. Deshalb liege es auch im Interesse der Staaten, Sicherheitslücken bei IT-Systemen nicht heimlich zu nutzen, sondern zu deren Schließung beizutragen.
Was bedeuten solche Runden wiederum für die Wissenschaft?
Kluth: Wir konnten wichtige Eindrücke darüber mitnehmen, wo die Praxis vor dem Hintergrund neuer digitaler Handlungsmöglichkeiten Herausforderungen, aber auch Lösungsansätze sieht. Daraus können wir konkrete Fragestellungen für unsere weitere Forschung ableiten. So stellt sich zum Beispiel die Frage, inwieweit man Datenanalysen zur Prognose von Gefahrenlagen, aber auch zur Gefährlichkeit von einzelnen Personen nutzen kann und welche Gefährdungen einerseits verhindert werden, aber andererseits für den Schutz der Privatsphäre damit verbunden sind. Zunächst muss dafür verstanden werden, wie sich die Digitalisierung auf die einzelnen Lebensbereiche auswirkt. Dazu muss die Rechtswissenschaft mit der Informatik, aber auch mit der Psychologie zusammenarbeiten, damit die Interpretation von Daten gelingt. Mit anderen Worten: Die Beschäftigung mit der Thematik zeigt eindrucksvoll, wie wichtig eine methodenbasierte und interdisziplinäre Arbeitsweise ist, für die junge Wissenschaftler entsprechend ausgebildet werden müssen. Deshalb liefert eine solche Forschung auch Impulse für das Design von Studiengängen und lässt die Einheit von Forschung und Lehre aus einem anderen Blickwinkel sichtbar werden.