Von Urpferdchen, Krokodilen und Riesenvögeln: Neue Blicke in eine alte Sammlung
Das Geiseltal vor 45 Millionen Jahren: Brütend heiß und feuchtwarm war es dort zu jener Zeit. Bedingungen, die in der Landschaft, die in der Nähe von Halle liegt, ein artenreiches Leben ermöglichten. Es war die Zeit nach dem Aussterben der Dinosaurier und kurz vor dem Auftauchen der ersten modernen Säugetiere. Doch wer lebte dort?
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die nachgebildeten Skelette dreier höchst unterschiedlicher Lebewesen: Ein Laufvogel, groß wie ein heutiger Mensch, steht zwischen einem etwa zwei Meter langen Krokodil und einem kleinen Pferd, das jedoch eher an einen Hund erinnert. Diese Aufstellung ist offenbar mit Bedacht gewählt. Denn wer sich durch die Begleittexte der Schau liest, erfährt, wie sich die drei Arten einst zueinander verhielten: Das winzige Pferd diente dem Krokodil offenbar als Nahrungsquelle. Denn jene Krokodil-Art, ausgestattet mit längeren Füßen, einem eher dünnen Schwanz und speziellen Zähnen, lebte überwiegend an Land, wo die in Überzahl vorkommenden Pferde eine zuverlässige Nahrungsquelle darstellten. Der Vogel indes interessierte sich als Vegetarier überhaupt nicht für besagte Mini-Pferde. Aber: Er wurde wegen seiner imposanten Größe vom Landkrokodil in Ruhe gelassen. Die Füße des Riesenvogels waren offenbar stark genug, um das Krokodil zumindest ernsthaft zu verletzen.
Dass die zum Teil durchaus bizarr anmutenden Skelette von Mini-Pferd, Lauf-Vogel und Land-Krokodil vollständig nachgebildet werden konnten, ist nicht zuletzt das Verdienst des Kurators der Schau Dr. Alexander K. Hastings und seiner Forschungen. Der 31-jährige Hastings, ausgestattet mit einem Forschungsstipendium der Kulturstiftung des Bundes, kam vor anderthalb Jahren nach Halle, um einzelne Aspekte aus der berühmten Geiseltalsammlung der Uni neu zu beleuchten und sie in einem zweiten Schritt in einem neuen Zusammenhang der Öffentlichkeit zu präsentieren. Für die Schau wurde zum Beispiel eigens das Krokodil aus mehr als 200 einzelnen Knochen „nachgebaut“. Dazu wurden die fossilen Überreste mittels 3D-Technik von Präparator Michael Stache digitalisiert, auf Basis der Daten wurde dann mit einer speziellen Fräse ein neues, vollständiges Exemplar jedes einzelnen Teils hergestellt und neu zusammengesetzt.
Auch die Ausstellung in der Leopoldina hat die Bundeskulturstiftung finanziell unterstützt. Hastings, Spezialist für Krokodile und für das Eozän, jenem Erdzeitalter, auf das die Exponate der Geiseltalsammlung datiert werden, sollte seine Ergebnisse aus der alten Schau neu und anschaulich zeigen können. Die Stiftung verfolgt dabei das Ziel, mit internationalen Wissenschaftlern andere Zugänge zum Kulturgut Deutschlands zu schaffen. Für den Amerikaner Hastings, der eine zweisprachige Schau mit vielen leicht nachvollziehbaren und auch für Kinder greifbare Ausstellung kuratierte, schon aufgrund seiner Herkunft eine Selbstverständlichkeit.
Ein Glücksfall für die bedeutende Sammlung und eine einmalige Chance für Besucher, wesentliche Exponate der Geiseltal-Sammlung zu sehen, die sonst nicht mehr zugänglich ist. Für Kinder wurde ein museumspädagogisches Konzept erstellt, so dass auch kleine Besucher einen guten Zugang zu den Inhalten erhalten. Angeboten werden auch Führungen in englischer Sprache, die Kurator Hastings selbst übernimmt, und die zum Beispiel für Biologie- oder Englisch-Leistungskurse in der gymnasialen Oberstufe bestens geeignet sind.
Informationen zur Ausstellung "Aus der Morgendämmerung: Pferdejagende Krokodile und Riesenvögel"
Die Sonderausstellung des Zentralmagazins Naturwissenschaftlicher Sammlungen ist vom 6. März bis 29. Mai 2015 in der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Jägerberg 1, 06108 Halle in Halle zu sehen. Sie kann montags bis freitags (außer feiertags), jeweils 10 bis 18 Uhr besucht werden, der Eintritt ist frei.
Webseite zur Ausstellung: www.geiseltal-ausstellung.de
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